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Psychotherapie geht alle an - Teil 1: Psychotherapie und deren Zugang

Eine neue Artikel-Reihe: Prof. Dr. Philipp Stang erklärt Begrifflichkeiten und gibt Hintergrundwissen rund um eine Psychotherapie weiter.

©Kerstin Nussbächer / SRH Wilhelm Löhe Hochschule

Vorwort

Prof. Dr. Philipp Stang, Psychologischer Psychotherapeut, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut, Sexualtherapeut, Supervisor und Selbsterfahrungsleiter lehrt und forscht als Professor für Psychologie an der SRH Wilhelm Löhe Hochschule in Fürth.

In der Artikel-Reihe „Psychotherapie geht alle an“ wird er regelmäßig für ein Jahr im Landkreisjournal psychologisch/psychotherapeutische Aspekte für interessierte Laien erklären. Dieses Projekt wurde von der Gesundheitsregionplus Stadt und Landkreis Fürth initiiert – die Gesundheitsregionplus Landkreis Neustadt a.d.Aisch-Bad Windsheim ist davon ein Kooperationspartner.

Die Informationen sollen Menschen dazu befähigen, sich in dem Dschungel der verschiedenen Begrifflichkeiten zurecht zu finden, Hintergrundwissen zu erlangen, Mythen aufzulösen, den Zugang zur Psychotherapie durch Wissen zu erleichtern und Berührungsängste abzubauen.

Die Reihe trägt den Titel „Psychotherapie geht alle an“, da jeder Mensch sich mit seiner Psyche, der Prävention von psychischen Erkrankungen („psychischen Störungen“), dem Erkennen von psychischen Störungen oder der Behandlung auseinandersetzen kann.

Bei aktuellen Schätzungen sind jährlich circa 28 % der erwachsenen Bevölkerung und 18 % der Kinder und Jugendliche in Deutschland von einer psychischen Erkrankung („psychische Störung“) betroffen. Das bedeutet, auch wenn eine Person selber noch nicht von einer psychischen Störung betroffen war, kennt diese mit hoher Wahrscheinlichkeit Personen mit psychischen Störungen.

Spannend ist beispielsweise, dass das Wort Psyche aus dem Griechischen mit Hauch oder Atem übersetzt werden kann und darüber die Verbindung zur Seele lange Zeit hergestellt wurde, da Menschen die Lebenskraft, die Seele, in Verbindung mit dem Atem sahen/sehen.

Heute verstehen Psychologen/-innen die Psychologie als Wissenschaft vom Erleben und Verhalten. Mit Psychotherapien wird versucht, bewusste und unbewusste Aspekte des Erlebens und Verhaltens zu behandeln.

Stand Januar 2023

Psychotherapie und deren Zugang
Eine Psychotherapie ist eine Behandlung und Begleitung von psychischen Störungen (Erkrankungen) mit wissenschaftlich fundierten Verfahren durch eine Psychotherapeutin oder einen Psychotherapeuten. Der Begriff Psychotherapeutin und Psychotherapeut ist eine gesetzlich geschützte Berufsbezeichnung. Es dürfen sich nur „approbierte“ Personen mit diesem Titel bezeichnen. Das heißt, sie müssen nach dem Studium eine wissenschaftlich fundierte psychotherapeutische Ausbildung in einem spezifischen psychotherapeutischen Verfahren absolvieren, die nach dem Staatsexamen mit der Approbation (= staatliche Heilerlaubnis) abschließt. Seit 2020 gibt es eine neue gesetzliche Regelung: Demnach müssen alle, die Psychotherapeutin oder Psychotherapeut werden möchten, ein universitäres Psychologiestudium (B.Sc. + M.Sc.) durchlaufen mit dem Schwerpunkt Klinische Psychologie und Psychotherapie. Nach diesem Studium beginnt die Weiterbildung zum Fachpsychotherapeuten bzw. zur Fachpsychotherapeutin.

Der Zugang zur Psychotherapie erfolgt ohne Überweisung. Das heißt, jeder Mensch kann direkt mit einem/einer Psychotherapeuten/in telefonisch einen Termin vereinbaren und ohne Überweisungsträger zum/zur Psychotherapeuten/in gehen. Lediglich die Versichertenkarte (bei gesetzlich Versicherten) oder die Angabe der Adresse (bei privat Versicherten) ist notwendig.

Wer übernimmt die Kosten?
Psychotherapie gehört in Deutschland zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und wird der fachärztlichen Versorgung zugeordnet. Da approbierte Psychotherapeuten eigenständig die Heilkunde ausüben dürfen, können sie einen Eintrag im Arztregister der Kassenärztlichen Vereinigungen haben. Bei Privatversicherungen richtet sich die Kostenübernahme nach dem Leistungsspektrum des individuellen Vertrags und dem gewählten Tarif, der abgeschlossen wurde.

Psychotherapeuten finden
Auf der Homepage der Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) gibt es eine Arzt-/Psychotherapeutensuche. Dort sind Adressen und Kontaktdaten von zugelassenen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten mit einem Kassensitz aufgelistet. Unter der bundesweit gültigen Telefonnummer 116 117 kann Fachpersonal erreicht werden, welches für den Ärztlichen Bereitschaftsdienst und die Terminservicestelle (fach-/hausärztliche Versorgung, inkl. Psychotherapie) zuständig ist. Dort können freie Termine vermittelt werden.

Sollte man keinen Therapieplatz bei einem/einer Psychotherapeuten/-in mit einer Kassenzulassung erhalten, besteht die Möglichkeit des Kostenerstattungsverfahrens. Hierüber kann eine Krankenkasse die Kosten einer Psychotherapie bei einem/einer Psychotherapeuten/-in ohne Kassenzulassung (also in einer Privatpraxis) erstatten. Dies muss im Vorfeld mit der eigenen Krankenkasse abgestimmt werden.

Weitere Informationen zu Psychotherapeuten/-innen finden Sie u. a. bei:

Berufsbezeichnung: Wer ist was?
Fachkräfte, die im Bereich der psychischen Gesundheit, Diagnostik und Behandlung arbeiten, können unterschiedliche akademische Berufsbezeichnungen haben. Hier sind die wesentlichen kurz erklärt:

Psychologin/Psychologe:

  • Hat einen Abschluss des Hochschulstudiums Psychologie und befasst sich mit dem Erleben und Verhalten von Menschen;
  • Arbeitet in unterschiedlichen Berufsfeldern, z.B. in der Wissenschaft, der Personalauswahl und Personalentwicklung, als Angestellte/r in Kliniken, in der Aus-, Fort- und Weiterbildung, in Gefängnissen, in der Frühförderung, als Gutachter/-in, etc;
  • Ist nicht automatisch nach dem Studium Psychotherapeut/-in mit einer Praxis , die mit den Krankenkassen abrechnen kann. Hierzu benötigt die Person nach dem Psychologiestudium die Psychotherapeuten-Aus-/Weiterbildung (siehe Psychotherapeut/-in).

Psychotherapeut/-in
(Psychologischer Psychotherapeut/
-in, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut/-in, Fachpsychotherapeut/-in):

  • Hat Psychologie (bzw. neu Psychologie/Psychotherapie) studiert und im Anschluss eine postgraduale Ausbildung bzw. Weiterbildung in einem psychotherapeutischen Verfahren und Altersbereich absolviert. Die Fachkraft hat durch das Staatsexamen die Approbation und somit die Heilerlaubnis erlangt, mit der eigenverantwortlich der Heilkunde nachgegangen und eine eigene Kassenpraxis eröffnet werden darf.
  • Setzt sich vor allem mit der Diagnostik und Behandlung psychischer Störungen auseinander.
  • Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten/-innen haben manchmal auch einen pädagogischen Studiengang studiert.
  • Es gibt auch ärztliche Psychotherapeuten/-innen, also Mediziner, die eine Ausbildung zum/zur Psychotherapeuten/-in durchlaufen haben.
  • Als Psychotherapeut/-in, Psychologischer Psychotherapeut/-in, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut/-in und Fachpsychotherapeut/-in dürfen sich nur die jeweiligen approbierten Berufsträger/-innen bezeichnen.

Fachärztin/Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie (umgangssprachlich Psychiater/-in):

  • Hat Medizin studiert und im Anschluss die Facharztweiterbildung in dem genannten Bereich absolviert.
  • Befasst sich vor allem mit der Diagnostik und Behandlung von psychischen Störungen bei Erwachsenen, speziell unter Anwendung somato-, sozio- und psychotherapeutischer Verfahren sowie der Pharmakotherapie.

Fachärztin/Facharzt für Kinder- und Jugendlichenpsychiatrie,

Fachärztin/Facharzt für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie

(umgangssprachlich Kinder- und Jugendpsychiater/-in):

  • Hat Medizin studiert und im Anschluss die Facharztweiterbildung in dem genannten Bereich absolviert.
  • Befasst sich vor allem mit der Diagnostik und Behandlung von psychischen Störungen bei Kindern und Jugendlichen, speziell unter Anwendung somato-, sozio- und psychotherapeutischer Verfahren sowie der Pharmakotherapie.

Fachärztin/Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie:

  • Hat Medizin studiert und im Anschluss die Facharztweiterbildung in dem genannten Bereich absolviert.
  • Befasst sich vor allem mit der Diagnostik und Behandlung von Krankheiten und Belastungen, an denen sowohl psychische, soziale und somatische Faktoren (in Wechselwirkung) ursächlich beteiligt sind.

Fachärztin/Facharzt für Neurologie(umgangssprachlich Neurologin/Neurologe):

  • Hat Medizin studiert und im Anschluss die Facharztweiterbildung in dem genannten Bereich absolviert
  • Befasst sich vor allem mit der Diagnostik und Behandlung von Erkrankungen des Nervensystems.
 
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